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Today's quote:

Saturday, July 13, 2024

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß

 

 

Der deutsche Titel des 1969 von Sydney Pollack verfilmten Romans "They Shoot Horses, Don't They?" ist "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß", und ist ein guter Titel denn alles was folgt ist über den sogenannten Gnadenschuß, die Tötung eines Lebewesens, um sein Leid zu verkürzen.

Letzte Woche hörten wir daß ein österreichischer Bekannter - nicht ganz ein Freund; immer noch ein Bekannter - friedlich in seinem warmen Bett verstorben war. So sollte es in seinem Alter geschehen (er war schon über 85 Jahre alt): friedlich einschlafen und nicht mehr aufwachen.

Der Gedanke an einen guten Tod - falls es so etwas überhaupt gibt - verringerte den Schock dieser Nachricht denn nur ein paar Wochen vorher hatten wir gemeinsam Mittag gegessen im Moruya Bowling Club. Alles schien noch in Ordnung zu sein, obwohl er jede unserer Gehhilfen verweigerte trotz seiner unsicheren Schritte. Wie schnell bergab so etwas gehen kann: als wir uns vor sechs Jahren trafen hatte er sich gerade ein großes 5-Acker Grundstück gekauft und war täglich draussen am Arbeiten: Rasen mähen, Feuerholz hacken, Gemüsebeete bauen.

Wir trafen uns alle paar Wochen denn er unterhielt sich sehr gerne in der deutschen Sprache und ich zwang mich es zu sprechen obwohl es mir unbequem war. Ich hielt nicht viel von der Muttersprache und dem Vaterland denn ich hielt auch nicht viel von der Mutter und dem Vater.

Unsere Gespräche waren meistens oberflächlich und gingen nie weiter zurück als unsere Einwanderung in Australien, seine zwei Jahre vor meiner, und seine mehr gutbürgerlich als meine denn er hatte schon einen Bruder in Australien und hatte daher schneller Fuß gefasst. Und dennoch blieb da vieles ungesagt und so blieben wir nur Bekannte.

Dann hatte er einen Fall und brach sich ein paar Knochen und kam ins Krankenhaus. Danach war er immer wieder beim Arzt der ihm mehr und mehr Medikamente verschrieb. Und es ging mehr und mehr bergab.

Dann kam die Nachricht, und ein paar Tage später rief seine Frau an: nein, er war nicht im Bett friedlich eingeschlafen sondern hatte sich erschossen als sie wie an jedem Mittwoch bei ihrem Kaffeeklatsch war! Als sie nachhause kam konnte sie ihn zuerst gar nicht finden. Dann hörte sie den Hund der draussen neben seiner Leiche stand. Er hatte sich mit seinem Gewehr in den Mund geschossen und sein Gesicht war gar nicht mehr zu erkennen! Blut, Sirenen, Polizeiautos, neugierige Nachbarn ...

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß - oder, wenn man den Mut hat, sich selber!

(Ich schrieb dies auf Deutsch damit es nicht jeder lesen kann, denn man spricht vom Selbstmord doch immer noch hinter vorgehaltenen Händen.)


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